Die Bürokratie des Leaving Certs

Hey, alle zusammen,

ich habe jetzt nur noch ein Exam, dann bin ich fertig und so wird es langsam Zeit für einen Bericht über die Abiturprüfungen in Irland.

Der Titel verrät es schon, das Leaving Cert ist eine einzige Bürokratie:
Keiner unserer Lehrer darf die Halle während den Prüfungen betreten (sie könnten uns ja die Lösung einsagen), in der Halle sind nur wir und die (unabhängige) Prüferin.
Die Prüferin bekommt von unserer Schule -typisch irisch- Vormittags und Nachmittags je ein Scone und 2 Tassen Schwarztee an ihr Pult geliefert, den Lieferdienst übernimmt eine Schülerin ausm 5th yr. Diese Schülerin (sie bekommt 600€ für 2 Wochen) ist gleichzeitig Aufsicht vor der Halle und wer die Halle verlässt muss bei ihr unterschreiben, dass er geht und warum.
Wenn man aufs Klo muss, wird man von dieser Schülerin bis zur Kabinentür begleitet und sie wartet dann auch vor der Kabinentür.
Genauso muss man unterschreiben, wenn man früher abgibt und gehen will (was aber nicht während der ersten halben Stunde erlaubt ist, weil während der ersten halben Stunde noch "Zuspätkommer" anfangen dürfen und sonst könnte sich ja jemand für ein Fach eintragen, das er gar nicht macht, sich die Fragen merken und nach 3min gehen, die Fragen jemandem sagen, der draußen wartet, derjenige hätte dann noch ca. 25 Minuten Zeit sich die Antworten einzuprägen und könnte dann erst zur Prüfung reinkommen- sehr realistisch, oder?).
Außerdem muss einer von uns der Prüferin unterschreiben, dass die Tüte mit den Prüfungsbögen versiegelt ist und dass auf dem Etikett das richtige Fach und die richtige Zeit steht. Diese Tüten werden dann, nachdem einer von uns auf der Tüte unterschrieben hat, geöffnet und anschließend leer zurückgeschickt, um Beweise zu haben, wenn es zu Beschwerden kommen sollte.
Wir dürfen keinerlei Zettel mitreinnehmen, aber es werden auch keine Taschenkontrollen durchgeführt (was mich bei den ganzen Regeln doch überrascht), viele von uns lassen auch einfach das Handy in der Hosentasche, obwohl das nicht erlaubt ist (ich würds nicht riskieren, dass ich wegen nem Handy in der Hosentasche kein Abitur bekomme!)

Die ganzen Regeln und Formalitäten könnten einen ganz schön nervös machen, aber seltsamerweise bin ich das fast überhaupt nicht.
Was mich noch eher nervös gemacht hat, war diese Prüferin. Sie ist eigentlich wirklich nett, aber gestern hat sie einen Kommentar losgelassen, der echt nicht hätte sein müssen.
Ich hatte gestern Deutschprüfung und als ich in der Schule angekommen bin, hat sich die Prüferin gerade mit unserer Direktorin unterhalten.
Ich habe natürlich freundlich gegrüßt (wie immer :D) und wurde sofort zu ihnen gerufen.
Es war eigentlich eine lockere Unterhaltung und ich wurde gefragt, wie es mir so ginge, wie die bisherigen Prüfungen so waren und -ob ich wegen der Deutschprüfung nervös wäre.
Ich meinte dann "naja, nicht wirklich, ist ja immerhin meine Muttersprache..." und die Prüferin hatte nichts besseres zu tun, als mir eine Geschichte von nem Spanier, der als einziger die Spanischprüfung nicht bestanden hat, zu erzählen.
Was geht nur im Kopf mancher Menschen vor? Wollte mich diese Frau nervös machen oder hat sie einfach nicht nachgedacht?
Ich hoffe jetzt einfach mal, dass die Nervosität durch diese Story mein Ergebnis nicht negativ beeinflusst, aber ich fand das irgendwie schon blöd.
Meine Direktorin ist daneben gestanden und hat auch nichts unternommen.
Zwischen der schriftlichen Prüfung und der Hörverstehensprüfung habe ich meinen Konrektor getroffen, nachdem er gefragt hat, wie es lief, habe ich ihm die Geschichte mit meiner Prüferin erzählt. Der Konrektor war dann so sauer, mich würds wundern, wenn er die Prüferin nicht darauf angesprochen hat.

Im Allgemeinen ist die Prüferin super nett, ich hätte so nen Spruch von der echt nicht erwartet.
Gestern vor der Prüfung (eine halbe Stunde nach unserem ersten Gespräch) musste ich unserer Prüferin wiedermal unterschreiben, dass die Unterlagen tatsächlich Original-Versiegelt sind. Dabei hat sie mich gefragt, wie lange ich eigentlich schon in Irland bin.
Als ich meinte "10 Monate", hat sie es mir fast nicht geglaubt, weil mein Englisch dafür viel zu gut sei und das hörte sich sogar ehrlich an.
Als ATS in Irland hört man vor allem am Anfang mehrmals täglich, dass "dein Englisch so unglaublich gut ist" usw., als meine Eltern da waren, meinte ein Verwandter meiner Coord, dass er mich für ne Irin gehalten hatte.
Diese Komplimente hört man einfach ständig und meistens sind sie nur so dahingesagt, aber dieses Mal hatte ich das Gefühl, dass sie ernsthaft erstaunt war, dass ich erst seit 10 Monaten in Irland bin.
Das freut mich dann natürlich :D


Ich habe jetzt nur noch die Chemie Prüfung und dann bin ich wieder daheim!!!


Bis bald,

LG Coco